Women in Mobility: Vanessa – von der Ausbildung als Kfz-Mechatronikerin zur Teamleiterin

16.06.2023

Frauen sind in der männerdominierten Mobilitätsbranche immer noch stark unterrepräsentiert. Das Netzwerk Women in Mobility (WiM) setzt sich für eine bessere Sichtbarkeit von Frauen und ihren fachlichen Kompetenzen in der Verkehrsbranche ein. WiM wendet sich an alle Frauen aus allen Mobilitätssparten, Ausbildungs- und Karrierestufen und fördert den Aufbau von Netzwerken, den aktiven Mobilitätsdiskurs und schafft Chancen zum Empowerment.

Eine der Frauen in der Mobilitätsbranche, die im Blog von Women in Mobility vorgestellt wird, ist Vanessa. Sie hat sich schon immer für Autos und Technik interessiert. Als Kind wollte sie Feuerwehrfrau werden. Heute ist sie Teamleiterin der Zentral­werkstatt Kraftfahrzeuge bei der Bogestra (Busbereich der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG). Außerdem setzt sie sich aktiv dafür ein, mehr Frauen für die Werkstattberufe zu gewinnen. Heute stellen wir euch ihre Erfahrungen und ihren Einsatz für Frauen in der Branche vor!

Erste Teamleiterin im Bereich Handwerk bei der Bogestra

Seit August 2022 ist Vanessa für die Zentralwerkstatt für den Busbereich der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG verantwortlich. Damit ist sie sowohl seit zehn Jahren die erste Frau im Werkstattbereich am Standort Gelsenkirchen-Ückendorf als auch die erste Teamleiterin im Bereich Handwerk bei der Bogestra überhaupt. „In einer anderen Werkstatt haben wir noch eine Mitarbeiterin, die schon lange da ist und wir haben jetzt zwei Azubinen, die sind echt top“, berichtet Vanessa. Aber grundsätzlich sind Frauen in den Werkstattberufen – ob für Busse oder Bahnen, bei den elektrotechnischen Jobs genau wie bei den Holz oder Metall verarbeitenden Berufen – eine Seltenheit.

Erstes Praktikum in der Lkw-Werkstatt

Vanessa erzählt: „Mein Interesse an Autos und Lkw begann schon als Kind. Als ich in der achten Klasse ein Schulpraktikum absolvieren musste, rieten mir meine Eltern, ein Praktikum in einer Werkstatt zu machen. Für drei Wochen ging ich zu Remondis in die Lkw-Werkstatt, wo ich schweißen lernte und wie man mit großen Fahrzeugen umgeht. Ich fand das sehr interessant, weil der Job so vielfältig war und hätte dort gerne angefangen. Leider ging das nicht, weil es dort keine Umkleiden, Duschen oder Toiletten für Frauen gab. Ich musste mich während meines Praktikums in der Männerumkleide umziehen. Ich fand das wirklich schade, dass ich da keine Ausbildung machen konnte, weil ich mit denen echt super klarkam.“

Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin als einzige Frau im Jahrgang

Weil ihr Vater bei der Bogestra Gruppenleiter in der Bahn-Werkstatt ist und auch schon ihr Opa für die Bogestra arbeitete, begann sie dort 2016 ihre Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin. „Anfangs hat es mich noch eingeschüchtert, dass ich sowohl in der Berufsschule als auch in der Werkstatt die einzige Frau war.“ Ende Januar 2020 beendete sie ihre Lehre als eine der Besten des Jahrgangs.

Auf dem Weg zum Meistertitel

Heute ist sie in ihrem Team die einzige ausgelernte Frau. „Nach der Ausbildung kam ich in die Antriebstechnik. Hab‘ da dann zweieinhalb 3 Jahre quasi in der Werkstatt gearbeitet und dann letzten Jahres Ende April meinen Meister angefangen. Der Meister wird auch von der Bogestra unterstützt.“

Seit 2022 Teamleitung der Zentralwerkstatt

Joachim Berend
Vanessa

2022 wurde Vanessa gefragt, ob sie nicht die Teamleitung in der Zentralwerkstatt übernehmen wolle: „Wegen meines Alters, meiner mangelnden Erfahrung und der Tatsache, dass es sich um einen Bürojob handelt, habe ich zunächst etwas gezögert, die Stelle als Teamleiterin anzunehmen. Doch schließlich habe ich mich durchgerungen. Ich hätte nie gedacht, dass ein Bürojob so spannend und vielfältig sein könnte. Als Werkstattmitarbeiterin hat man ja nie wirklich mitbekommen, was hinter Anordnungen steckt. Jetzt erfahre ich die Hintergründe.“

Vanessa hatte anfangs Schwierigkeiten mit den personalwirtschaftlichen Aspekten der Stelle. „Ich musste erst lernen, mich auf verschiedene Charaktere und deren Befindlichkeiten einzustellen. Auch bin ich bei einigen meiner Kollegen in der Werkstatt auf Widerstand gestoßen. Ohne die Unterstützung meines vorherigen Teamleiters, der zum Werkstattleiter aufgestiegen ist, sowie eines weiteren Werkstattleiters, hätte ich die ersten zwei Monate als Führungskraft nicht gut überstanden.

Heute macht es mir großen Spaß, an der Entwicklung der Werkstattmitarbeitenden beteiligt zu sein. Ich bin ja immer dran, meine Mitarbeitenden zu fördern und generell das Werkstattleben zu verbessern und digitaler zu denken. Nur das operative Arbeiten in der Werkstatt fehlt mir etwas.“

Einen typischen Arbeitstag gibt es in der Zentralwerkstatt nicht

Vanessa erzählt zu ihrem Arbeitsalltag: „Ich komme morgens gegen sechs ins Büro, checke meine E-Mails und mache ab sieben Uhr meine Runde durch die Werkstatt. Wenn Zeit dafür ist, quatsche ich ein bisschen mit den Kolleg*innen, dann bearbeite ich eventuell Stundenzettel und dann kommt der Alltag auf mich zu: Termine, Projekt-Meetings …

Einen typischen Arbeitstag mit klassischem Ablauf habe ich nicht, aber Projekte, die mich regelmäßig beschäftigen. Die Busse zum Beispiel schicken Daten raus und ich habe die Elektriker in meinem Team, die sich darum kümmern. Weitere langfristige Projekte sind die Elektrifizierung der Busflotte sowie die Digitalisierung der Arbeitsprozesse und Tools. Bei uns im Betrieb sind wir im Moment dran, uns weiterzuentwickeln und Systeme auszuarbeiten. Demnächst kommt auf jeden Fall ein Projekt, bei dem Tablets und Diensthandys eingeführt werden.

Wir sind im ständigen Austausch mit anderen Betrieben – mir macht es Spaß, die technische Entwicklung live mitzuerleben, zu begleiten und bei uns voranzutreiben. Viele Mitarbeitende sind den Veränderungen gegenüber offen bzw. fragen aktiv danach. Die anderen versuche ich vom Nutzen der Digitalisierung zu überzeugen.“

Frauenumkleiden und Unterstützung von Familie und Freunden

Vanessa ist neben ihrer Tätigkeit als Teamleiterin auch Mitglied des Arbeitskreises Chancengleichheit/Speed-Dating und setzt sich aktiv dafür ein, mehr Frauen für Werkstattberufe zu gewinnen. „Ich freue mich über jede Frau, die Bock auf den Job hat und zeigt, dass sie bei uns arbeiten will,“ so Vanessa.

„Damit Werkstattjobs für Frauen attraktiver werden, müssen zuallererst die Unternehmen für Arbeitsplätze und Bedingungen sorgen, die für Frauen geeignet sind. Konkret bedeutet das, dass Umkleiden, Duschen und Toiletten für Frauen vorhanden sein müssen. Auch bezüglich des Arbeitsklimas in männerdominierten Bereichen sind die Unternehmen gefragt. Sie müssen für eine Arbeitsatmosphäre sorgen, in dem sich niemand wegen seines Geschlechts, seines Alters, seiner Herkunft, seiner Religion oder sexuellen Orientierung auf Sprüche einstellen muss. Drittens hilft es, wenn Schülerinnen, Studentinnen und potenzielle Quereinsteigerinnen bei Schnuppertagen, Praktika und Ähnlichem einen Blick in die Werkstätten werfen können.

Andererseits spielt auch das Umfeld junger Frauen eine wichtige Rolle. Hätten meine Eltern damals in der achten Klasse nicht gesagt: „Probier das doch mal aus“, dann wäre ich nicht zu Remondis und auch später nicht in die Werkstatt gegangen. Weil es eine Männerdomäne ist.“

Jetzt bei den Verkehrsunternehmen einsteigen

Bei den Verkehrsunternehmen sind Frauen willkommen, ob als unerfahrene Berufseinsteigerin oder als Quereinsteigerin mit Erfahrung aus einem anderen Berufsfeld. Die Verkehrsbranche bietet jede Menge Berufsoptionen, ob durch eine Ausbildung zum/zur Kfz-Mechatronikerin, der Weiterbildung zum/zur Industriemeister*in/Kfz-Meister*in oder auch in anderen Berufsfeldern. Entdecke über 70 Berufsbilder in unserem Berufsverzeichnis.

Vanessa ist Teamleiterin der Zentralwerkstatt Kraftfahrzeuge bei der Bogestra (Busbereich der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG). In ihrem Gastbeitrag erzählt sie über ihren Werdegang, besondere Herausforderungen als Frau in der Mobilitätsbranche und ihren Einsatz für mehr Frauen bei den Verkehrsunternehmen.

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